Von Jahr zu Jahr verwandelt sich diese Wohnung, meine ehemalige Single-Wohnung, in die zuerst zwei Katzen (Schritt 1), dann mein Mann, dann unsere Tochter (mit all ihren Schnecken, Käfern und Würmern – Schritt 2) und dann mein Sohn (Schritt 3) eingezogen sind, jedenfalls verwandelt sich ebendiese Single-Wohnung im nostalgisch eingerichteten Stil mit vielen Kristallgläsern, keinen Bildern und sonst viel Luft in einen einzigen großen Müllhaufen. Alles, was ursprünglich mal seinen Platz hatte, z.B. meine Lineale, befinden sich nicht mehr an diesen aufgeräumten Plätzen. Meine erste KiTa-Hausaufgabe, ich bin nun ja KiTa-Einsteiger und kämpfe mich bange durch Muffin-Orga-Theatermasken-Bastel-Newslettergruppen durch, ist, einen Steckbrief mit meiner Tochter zu machen. Jedenfalls möchte ich für unsere Bastelfertigkeiten die verschiedenen Felder ausmessen und wuchte nun tatsächlich die Werkzeugkiste – bisher von den Kindern unberührt gar jungfräulich (ich gebe dem Geschwisterteam noch ein Jahr) – um dort den Zollstock zu suchen. Ich wühle auch hier im absoluten Chaos der Werkzeuge nach dem Zollstock. Der ist zerbrochen. Ganz offensichtlich war die Werkzeugkiste doch nicht ganz jungfräulich. So messe ich nun die 3 x 4,5 cm Felder mit einem gesplitterten Zollstock aus.
Die Messihölle
Früher habe ich gebastelt, gewerkelt, genäht, geräumt, gemacht, getan. Jetzt messe ich mit zerbrochenem Zollstock einen zerknitterten Steckbrief aus. Den hab ich einfach nicht knüddelfrei von der KiTa nach Hause bugsiert bekommen. Ähh, ich hatte die Hände voll. Kinder, Fahrrad, Fahrradhelm, Fahrradschloss, von sich geschmissene Jacken, Brotdose und meine Wenigkeit mit kleiner Tasche, Portemonnaie, Handy, Schlüssel, sowas alles halt. Dieser zerknickte Steckbrief nun auf Tisch (die kleine freigeschobene Ecke), darauf der gebrochene Zollstock, so ungefähr kann ich damit messen. Eine Messihölle. Wobei ich gar nichts mehr horte und sammle, ich komme einfach nicht zum Wegschmeißen und aufräumen, sortieren und stapeln. So sagt man das sicher als Messi, oder?! Hinstellen, fallen lassen, so bleibt es dann liegen, auf unbestimmte Zeit.
Schritt 4
Schritt 4 sind so schrecklich spannende Serien wie Stranger Things, die einer eventuell zur Verfügung stehenden Zeit zum Aufräumen nicht dienlich sind. Der Wäscheberg, der zum Zusammenlegen neben uns auf der Couch liegt, bleibt dann genau dort liegen. Verschwitzte ineinander gekrampfte Hände können schließlich keine Wäsche zusammen legen. Mit Herzattacken und einer Konversation wie folgt funktioniert einfach kein „Haushalt machen“: Oh nein, oh nein, oh nein, ich kann nicht hinsehen – Stimme aus dem OFF – er dreht sich um, nein da ist nichts, doch da huscht jetzt was vorbei, nein besser noch nicht gucken, ahhh es war… Liebenswürdigerweise beomme ich dann immer alles geschildert, wenn ich nicht mir hingucken kann.
Packen/Auspacken als Zeitmanagement
Mit einem Kind und viel schlafender Kindfrei-Zeit habe ich noch viel aufgeräumt und alles wieder zurück an den Platz gelegt. Ganz ehrlich! Da habe ich auch noch die Wäsche vom Urlaub komplett gewaschen, auch wenn das eine T-Shirt vielleicht nicht benutzt wurde. Müffelt ja was, weil es zwischen all der Schmutzwäsche gelegen hat. Heute wird nur noch der Sand rausgeschüttelt. Nein, Moment, so war das vor einem Jahr. Da habe ich den Sand rausgeschüttelt und es dann zurück in den Schrank gelegt. Heute – sind wir mal ehrlich – liegt der unaufgeräumte Urlaubsberg noch im Wohnzimmer auf dem Esstisch… in verschiedenen IKEA-Säcken… weder zusammengelegt… noch ausgeschüttelt. Müffeln? Pah, das interessiert mich gar nicht mehr.
In ein paar Wochen geht es nochmal für einen Kurztrip nach Malle und ich wette, dass ich das Gepäck wie folgt packen werde: Tasche unter den Esstisch stellen, oben in den Säcken gucken, was noch taugt (ohhhh, das haben wir auch noch, ahhh da ist der zweite Schuh, ach und Sonnencreme ist ja auch noch da, toll!) und es dann unten in die Tasche plumpsen lassen. Auspacken, waschen, packen, wieder waschen – all in one. Wie ein Shampoo mit Conditioner. Zeitmanagement ist das. Von Chaos, Messitum und Unorganisiertheit keine Spur. Alles ein durchdachtes Konzept.
Ein Glück, dass undone hair so hip ist. Da bin ich Profi. Den Rest sitze ich einfach aus. Irgendwann ist der cleane-weiße-Zen-alles-ist-aufgeräumt-Interior-Style vorbei und messi ist hip. Jeder macht dann von seinem Chaos Fotos. Ich bin dann schon längst SuperProfi.
Sehr schön beschrieben! 🙂
Ich habe mir angewöhnt, beim Bloggen einfach nur noch starr auf den Bildschirm zu starren, dann seh ich die Berge an Wäsche rundherum gar nicht 😉 Während ich mich zwischen Papierfetzen (aka Bastelwerke), Spielsachen, Orff-Musikinstrumenten und Kleidung, die keinem der Töchter mehr passt, und daher auch gleich den Schrankplatz verloren hat, durchkämpfe, rede ich mir ein, dass es ein gutes Zeichen zunehmender Gelassenheit und persönlicher Reife ist, wenn ich auch ohne ständiges Aufräumen weiterleben kann. Für mich ist es (nervlich) gesünder und die Kinder härtet es ab – Dschungelcamp Wohnzimmer oder so
Chakka! Ich bin ein Star, holt mich hier raus.
Gib nicht so an! Solange Du die Würmer und Käfer Deiner Kinder nicht essen musst ist doch alles gut.
Majaaaaaaa – wo Leben ist, da regiert das Chaos!!! So penibel aufgeräumt-saubere Wohnungen sind mir persönlich ernsthaft unsympathisch und mit Verlaub, mir dünkt: Bevor die Zwerge da waren, hattest du vor lauter Arbeiterei auch kaum Zeit fürs Basteln und Werkeln, oder..?? Dann doch lieber so 😉 Meine, mich an eine Unterhaltung dazu in der damals noch wohl geordneten Wohnung zu erinnern. Wir standen mit Blick auf deinen Nähtisch. Und Hand aufs Herz: Eine Singlewohnung ist für eine komplette Familie samt Katzen auch ein bisschen klein. Das ist insofern ungünstig, als dass man die Dreckwäscheberge nicht außer Sicht stapeln kann. Bei uns lagen die früher immer in der Waschküche im Keller, bis Oma donnerstags alles (!!!) gewaschen hat. Also: Einfach warten, bis ihr ihr nix mehr zum Anziehen habt, zusammenlegen ist – genau wie bügeln – sowieso überbewertet und ansonsten… Atmen! Atmen! Atmen!!
Das System heißt auch: Mut zur Lücke!